London calling

London calling, Part 1: Seglerische Aspekte

So, nun waren wir 6 Tage in London, nach längerer Funkpause ist es Zeit für ein Update. Zuerst mal die seglerischen Aspekte. Eine häufig gestellte Frage vor meiner Abfahrt war:

Wieso London mit einem Segelboot? Dort ist oft schlechtes Wetter und es ist so weit!

Meine Antwort lautete immer:

Ich möchte ein Foto für´s Familienalbum, die Ulysses vor der Tower Bridge.

Ich erinnere mich an meinen Englischunterricht in den 1970er-Jahren, auf dem Umschlagdeckel des Englisch-Schulbuches war unter anderem ganz prominent die Tower Bridge abgebildet, somit verbinde ich seit meiner frühen Jugend mit London, bzw. mit England die Tower Bridge in London. So mein damaliges Bild, ein wenig hat es sich bis heute gehalten – London-Eye und Cable-Car waren damals noch nicht erfunden

Die nautische und seglerische Vorbereitung dieser Reise habe ich unter Zuhilfenahme vieler Revierführer und Seekarten, bzw. Handbücher getroffen. Man findet diese Literatur nur englischsprachig, z.B. bei Imray oder den Reeds-Nautical-Almanac, aber dafür ist diese Literatur sehr fundiert und gut gemacht. Ich habe gefühlt alle Winterabende 2023/2024 damit verbracht „crossing the Thames-Estuary, fully explained routes and simplified passage planning“ zu studieren. Es wird in den deutschsprachigen Veröffentlichungen zur Anfahrt nach London durch die Themse Mündung (Thames-Estuary) von einer der anspruchsvollsten Passagen der Welt gesprochen.

Plötzlich auftretender Nebel, die vielen möglichen Wege, die dazwischen liegenden Sände (Flachs), die Windkraftanlagen, der starke Tidenhub und der enorme Schiffsverkehr werden als sehr anspruchsvoll angeführt. Die Wahrheit ist, dass man gute Seekarten und Revierführer benötigt. Eine ordentliche Routenplanung unter Berücksichtigung von Strom, Wind und Tide ist unablässig. Aber das war es dann schon. Auch eine Fahrt in den deutschen Boddengewässern oder schwedischen Schären kann ähnlich anspruchsvoll sein. Pech hatten wir tatsächlich auf dem Hinweg, wir haben in Queensborough eine Übernachtungspause eingelegt, da lag die Themsemündung zur Hälfte hinter uns. Wir waren abends in Queensborough an einem Traditionssegler ins Päckchen gegangen, die sehr nette britische Crew war hilfsbereit und freundlich – sowas wünscht man sich in deutschen Häfen, da hört man immer auf die Frage, ob man ins Päckchen darf, dass das Boot morgen um 5 Uhr ablegen will, in der Hoffnung man verzichtet dann auf Päckchen liegen. Hier in UK wird geantwortet: „you´re welcome“. Ich mag die britischen Segler, sie sind aufgeschlossen, hilfsbereit und sehr freundlich. Jedenfalls waren wir kaum fest, zog sich der Himmel über Queensborough zu, es ging ein gewaltiger Regenguss nieder und der Wind ging hoch auf über 40 Knoten.

Dieser Starkwind blieb für die kommenden 2 Tage. Das bedeutete eine sehr unruhige Nacht im Päckchen, kaum Schlaf und am nächsten Tag eine sehr ungemütliche und ruppige Fahrt durch die Themsemündung bis nach London. Erst nachmittags ab London-Barrier (eine beeindruckende Anlage, die als verschließbares Wehr die Innenstadt von London vor Sturmfluten bewahren soll) wurde die Fahrt ruhiger und man war plötzlich in dieser tollen Stadt angekommen.

Nautisch erwähnenswert finde ich die Passage des Null-Meridians (er gibt uns den Bezugspunkt für Datum und Weltuhrzeit – UTC) auf Höhe Greenwich, der Plotter an Bord zählt vom östlichen Längengrad auf „0“ runter und zählt dann auf westliche Längengrade hoch. Beeindruckend, aber es findet sozusagen nur im Kopf statt, physisch merkst du davon nix, auch Ulysses zeigt sich völlig unbeeindruckt.

Dann geht alles recht schnell, es folgen viele beeindruckende Sehenswürdigkeiten (Cable-Car, Greenwich, O²-Arena, Canary Warf) und plötzlich ist sie da:

Die Tower Bridge – schöner und beeindruckender als damals in meinem Schulbuch. Ich empfehle jedem Seger einmal London mit dem Boot zu besuchen, es lohnt sich sehr. Wir finden einen sehr schönen Liegeplatz in der St.-Katharine-Dock-Marina, direkt neben der Tower Bridge und durch eine Schleuse von der Themse getrennt, also Mitten im Zentrum und doch ruhig, sehr gemütlich.

Das Liegegeld beträgt ein kleines Vermögen, ich glaube selbst in St.-Topez oder in Monaco liegst du günstiger? Aber nochmals: London auf dem Seeweg mit dem eigenen Boot lohnt sich und es ist jeden Euro bzw. Pfund Sterling wert. Eintrag im Logbuch: 730 Nm, 3 Wochen auf See.


London calling, Part 2: Mind the gap

London auf eigene Faust bedeutet, dass man sich zuerst einmal um Mobilität kümmern muss. Fahrrad fahren grenzt an Selbstmord, der viele Verkehr und dann noch für uns auf der falschen Seite, unsere Bordfahrräder bleiben in der Backskiste verstaut. Selbst vor den Fußgängerüberwegen steht in fetten Buchstaben „look right“ auf dem Asphalt, als Deutscher ungewohnt und gefühlt die falsche Blickrichtung. Immerhin sind wir jetzt zu viert, David (Louisa´s Mann) ist mit dem Flugzeug nach London gekommen um gemeinsam mit uns die Stadt zu erkunden. Die Mobilitätslösung lautet „underground“, gut organisiert und mit der sog. „Oyster-Card“ kannst du „underground“, DLR-Zug, Bus, Themseboot und sogar Cable-car fahren. Damit erkunden wir London. Und öffentliche Verkehrsmittel in einer Großstadt finde ich immer sehr interessant, du kommst den Einheimischen doch näher, tauchst in die Stadt ein. Und die Lautsprecherdurchsage in der „underground“-Bahn „mind the gab between the train and the platform“ habe ich immer noch im Ohr.


London calling, Part 3: UEFA-Champions-League

Ich und Fußball 😊 Mir wurde erst in London bewusst, dass unser Aufenthalt direkt mit dem Endspiel der UEFA-Champions-League 2024 zusammenfällt. Meine Güte, da war vielleicht was los. Schon im Hafen fiel mir ein deutsches Boot auf, dass über Top und Takel mit BVB-Fahnen geschmückt war, die gesamte Crew trug BVB-Kutte und zog bereits morgens früh singend (und vor dem Endspiel noch gut gelaunt) los. Dieses Boot soll in BVB-Fankreisen eine kleine Berühmtheit sein.

Und richtig ging der Punk erst in der City ab. Überall waren Straßen gesperrt, wurde Fanmeilen für BVB-Fans und Real-Madrid-Fans eingerichtet. Der Hyde-Park glich einem Fußballstadion, zeitweise wurden U-Bahn-Stationen gesperrt, zu viel Andrang. Im Hyde-Park wurden alle wichtigen Fußballspiele des Tages durchgesagt, sogar derVfV-06-Hildesheim wurde erwähnt, unglaublich, Glückwunsch an meinen Freund Michael Salge als Präsident des VfV-06 für diese wichtige Durchsage im Londoner Hyde Park. Der Ausgang des UEFA-Champions-League-Spiels dürfte bekannt sein und ich möchte den BVB-Fans unter meinen Lesern nicht zu nah treten, aber ihr habt es nicht geschafft den Pott nach Hause zu holen. Schön fand ich, dass alles sehr friedlich abgelaufen ist, es wurde gefeiert und wohl auch guter Fußball gespielt.


London calling, Part 4: ABBA

Ein weiterer Wunsch war, die ABBA-Voyage in London anzusehen. Diesen Wunsch haben wir uns erfüllt. Ich war noch nie ein blühender ABBA-Fan, aber die Musik begleitet mich fast mein gesamtes Leben und einige Stücke mag ich gerne, sind ja Evergreens. ABBA hat hier ja nun eine virtuelle Show geschaffen, die Qualität ist beeindruckend und man kann sich das mal ansehen. Aber es kommt aus meiner Sicht nicht an ein „echtes“ Konzert ran. Das Klatschen fällt mir etwas schwer.

Mein Fazit: Ich bin kein ABBA-Fan geworden, aber: Thank you for the music. Und für den schönen Abend.


London calling, Part 5: Fränkischer Weißwein

Am Abend vor unserer Abfahrt aus Burgtiefe (Fehmarn) am 09.05.2024 war ich bis spät abends mit Reisevorbereitungen an der Ulysses befasst, bis 21.30 Uhr habe ich am Boot geschraubt, noch schnell die Logge gewechselt, fehlte doch das Geschwindigkeitssignal. Kurz vor 22.00 Uhr, ich wollte mich gerade hinlegen, klopfte es am Boot und unser Segelfreund und Bootsnachbar Heiko stand am Steg, in der Hand eine Flasche Fränkischen Weißwein (sein Lieblingswein, handsigniert von der ganzen Familie), verbunden mit den besten Glückwünschen für unsere Segelreise und der Bitte diesen Wein sicher über die Nordsee zu segeln und in London auf sein Wohl zu trinken. Das war uns eine Ehre, Heiko, vielen Dank, wir haben das gerne getan und die Glückwünsche haben uns sehr berührt.

An dieser Stelle auch vielen herzlichen Dank an alle anderen Leser und Freunde, die uns so viele liebe Glückwünsche in Wort und Bild übermittelt haben.

Soviel zu London, anbei noch ein paar Bilder:

2 Replies to “London calling”

  1. Wow, total toll geschrieben und zusammengefasst – wobei es schwer ist, die ganzen Eindrücke dieser Stadt und des Reiseabschnitts überhaupt zusammenzufassen. Es war das totale Highlight!
    Die Einfahrt nach London über die Themse fand ich auch zutiefst beeindruckend, mit nichts vergleichbar. Die Schleusung mit sieben anderen Yachten in dieser winzigen Schleuse war auch abenteuerlich 😂
    Der Hafen war auf jeden Fall toll, man konnte die Stadt erkunden und hatte einen kuschligen Rückzugsort für Pausen. Viel genialer als jedes Hotel.
    David und ich haben viele tolle Eindrücke aus London mitgenommen und uns sehr gefreut dass wir eure Gäste sein durften und London gemeinsam gesehen haben!
    Wir wünschen euch ab jetzt eine gute Weiterreise und dass in den verbleibenden zwei Monaten noch viele tolle Highlights kommen – wir sind gespannt auf die weiteren Blogbeiträge!

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